Das junge Team von Black Sheep Rope Rescue meint es ernst: Gemeinsam trainieren die Höhenretter am Berliner Teufelsberg für das große Ziel, ihren ersten offiziellen Wettkampf, die Ropes n‘ Rescue.
Eine prekäre Situation
Die Sonne knallt vom Himmel auf meinen Helm. Ich sitze benommen auf einem Treppenabsatz aus Gitter, unter mir gefühlt zwanzig Meter Luft, die Stufen sind eingebrochen. Vor mir erkenne ich die Betonbauten und einen Radarturm des Teufelsbergs, einer ehemaligen Abhörstation in Berlin. Der Wind pfeift und die dicken, zerrissenen Planen an den runden Kuppeln scheppern laut.
Mein rechtes Knie ist angeschwollen und tut bei jeder Bewegung weh. Der einzige Weg, um zügig in Sicherheit zu kommen, führt über den Abgrund. Genau so holt mich das Höhenrettungsteam Black Sheep Rope Rescue hier raus.
Rettung aus Höhen und Tiefen
Zum Glück sind die pochenden Knieschmerzen und die eingestürzte Treppe nur eine Simulation. Oberhalb der Flatterbandabsperrung schauen einige Besucher des Teufelsbergs interessiert zu. Trotzdem merke ich, dass mein Puls steigt bei dem Gedanken, dass ich gleich in einer Trage an einer Seilbahn von diesem Absatz geholt werden soll. Einige Minuten sind schon vergangen, ich sehe nicht, was die Jungs oben auf dem Flachdach machen. Dann kommt Bewegung ins Geschehen: Thomas steigt über das Geländer und seilt sich zu mir ab.
Nachdem der Höhenretter sich einen Überblick über die Situation verschafft hat, fragt er mich: „Bist Du verletzt?“ Ich erkläre ihm meine imaginären Knieschmerzen. Bevor sich der Medic von Black Sheep Rope Rescue darum kümmert und mein Bein schient, gehen wir das ABCDE Schema durch. „A steht für Airway, B für Breathing, C für Circulation, D für Disability und E für Exposure“, erklärt er mir. Nebenbei klippt er einen Sensor an meinen Finger, der bestätig: Vom Ruhepuls bin ich ein gutes Stück entfernt.
Zug um Zug in die Luft
Während Thomas mich versorgt, machen sich die restlichen Teammitglieder an die Arbeit. Ben als zweiter Rigger und Lucas als Edgeman seilen sich ebenfalls ab, um am Boden den zweiten Anker für die Seilbahn zu errichten. Oben haben sie einen Anker über mehrere Fixpunkte errichtet, Teamleader Peter und Rigger Marc halten die Stellung und sichern ihre Kameraden. Bela sorgt als Sicherheitsbeauftragter dafür, dass keine Besucher der Anlage in gefährliche Bereiche oder Laufwege gehen. Chiara dokumentiert die Abläufe und Aufgaben der Höhenretter als Teamfotografin.
Noch hängt das Seil durch, Thomas nimmt die Trage entgegen und hebt mich gemeinsam mit Ben hinein. Sie zurren mehrere Gurte und Sicherungen fest. Dann klinken sie die Rettungstrage in das Seilbahnsystem ein und ziehen so lange straff, bis ich buchstäblich in der Luft hänge. Einigermaßen erstaunt stelle ich fest: Das ist alles gar nicht so schlimm, wie ich dachte.
Jung, dynamisch, kompetent
„Und, wie würdest Du Deine Rettung bewerten?“, fragt Thomas scherzhaft, als wir wieder festen Boden unter den Füßen haben. „Fünf von fünf“, sage ich, und meine es auch so. Das Team von Black Sheep Rope Rescuegeht an diesem heißen Sommertag noch zwei weitere Szenarien durch. „Wir haben vorhin schon vom Turm die Trage über eine höher gelegte Umlenkung abgelassen“, erklärt Thomas. Später geht es darum, eine Patientin aus der Schlucht zwischen zwei Gebäuden zu holen. „Die Kranseilbahn ist so ziemlich die schwierigste, materialaufwändigste Aufgabe“, sagt Peter.
Diese beiden Male spielt Johanna die Patientin für die Höhenretter, sie studiert Sicherheit und Gefahrenabwehr im Master. Es ist die Generalprobe vor dem ersten professionellen Wettbewerb, Ropes n‘ Rescue. Ziel: Als noch sehr junge Gruppe – Ben ist 16 Jahre alt, die anderen Anfang bis Mitte 20 – wollen sie zeigen, dass der Nachwuchs einiges draufhat. „Dort werden uns in unbekanntem Terrain Aufgaben gestellt, auf die wir schon sehr gespannt sind“, sagt Lucas.
Großes Ziel GrimpDay
Aus der Gruppe sind Peter und Lucas ausgebildete Industriekletterer. Marc ist eigentlich im Handwerk tätig, Thomas ist Brandmeisteranwärter bei der Berufsfeuerwehr, genauso wie Bela. Sie verfolgen die Höhenrettung aktuell als Sport. Am Trainingstag wird aber klar: Egal, aus welchem Grund sie hier sind, jeder einzelne nimmt seine Aufgabe ernst, alle agieren konzentriert und gewissenhaft.
Das große Ziel: Im kommenden Jahr wollen die Mitglieder von Black Sheep Rope Rescue beim Grimpday in Belgien beweisen, was sie draufhaben. Lucas erklärt: „So entstand unser Teamname: Wir sind jung, wir probieren neues aus und schauen über den Tellerrand hinaus.“