Zwei Männer der portugiesischen Elitetruppe GNR beim Aussteigen aus dem Hubschrauber
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Autor: Hanno Meier
Fotos: Hanno Meier

In den wilden Feuern Portugals

„One step in the green, one step in the burned.“

Für den Operating Commander Marco Marques ist das nicht nur ein markiges Lippenbekenntnis. Seine Wildfirefighter der portugiesischen Elite Truppe GNR kämpfen täglich an dieser Borderline. „Nur durch die Einsätze an vorderster Front sind die Erfolge der Guarda National Republicana (GNR) bei Waldbrandbekämpfung möglich. Zu über 4.000 Einsätzen rücken sie jährlich mit ihren Helikoptern und Einsatzfahrzeugen aus, um auflodernde Brände bereits im Keim zu ersticken oder zumindest soweit einzudämmen, dass die bodenstationierten Feuerwehreinheiten den Rest schnell erledigen können.

Die GNR-Truppe am Einsatzfahrzeug

Coimbra im August. Es ist ungewöhnlich regnerisch für diese Jahreszeit. Die romanische Kathedrale Sé Velha grüßt von der anderen Seite des Flusses. Im 12. Jahrhundert erbaut, krönt sie die mittelalterliche Stadt mit ihrer historischen Universität und der berühmten barocken Biblioteca Joanina. Nach Porto im Norden sind es 150 km, die Hauptstadt Lissabon liegt 200 km südlich.

Weiß getünchte Mauern eines historischen Anwesens umschließen den zentralen Innenhof, über den der Weg direkt in den Besprechungsraum der GIPS (GNR)-Zentrale führt. Von hier aus werden die Einsätze der Einheit der Guarda National Republicana, kurz GNR, koordiniert.

GNR ist der Überbegriff für die portugiesische Sicherheitspolizei, untersteht offiziell den portugiesischen Streitkräften und gliedert sich grundsätzlich in 5 verschiedene Einheiten auf. GIPS ist Teil davon, paramilitärisch organisiert, mit weitreichenden auch rechtlichen Befugnissen ausgestattet und zuständig für ein breites Einsatzspektrum von der Prävention bis zu First Respondern bei der Waldbrandbekämpfung, bei Gefahrguteinsätzen, im Katastrophenschutz und bei schweren Unfällen. Helikopter- und bodenstationierte Feuerwehreinheiten, Such- und Rettungsteams, Land- und Forst-Patrouillen sowie Teams für Hochwasserschutz und Katastropheneinsätze stehen dafür zur Verfügung. Erwischen die GIPS-Firefighter einen Brandstifter auf frischer Tat, dürfen sie ihn sogar in Arrest nehmen.

GIPS (GNR) ist organisiert in 40 Airbases mit jeweils einem stationierten Lösch-Helikopter und den dazugehörigen Teams: Pilot plus 5-Mann-Team in Standard-Helis verschiedener Typen, 8-Mann-Teams in den amerikanischen Bell-Hubschraubern. Ihre Einsätze zählen zu den härtesten und gleichzeitig erfolgreichsten weltweit. Das funktioniert nur, weil ihr Slogan „one step in the green, one step in the burned“ gelebte Realität ist und die Sicherheit gibt, dass sich jeder im Team auf den anderen zu 100% verlassen kann.

Die Kämpfer der portugiesischen Elitetruppe im Einsatzgebiet

Marques ist operating Commander in Coimbra. Unter seinem Kommando stehen 1200 Mann. „90 Minuten“, beschwört Commander Marques die magische Zahl, die über jedem Einsatz seiner GNR-Teams schwebt wie die brennende Lunte über den ausgetrockneten Wäldern auf der iberischen Halbinsel. Soviel Zeit bleibt den airbased Firstresponder Teams für ihren gefährlichen Job. Nach eineinhalb Stunden muss der Helikopter zurück zum Tanken und zum Abkühlen der Turbine. 90 Minuten Höchstleistung für Mensch, Maschine und Material. Am Einsatzort übernehmen dann die bodengestützten Feuerwehren.

„Du schaust nicht nach rechts, nicht nach links und auch sonst nirgendwo hin“, sagt Americo. „Alles, was dich interessiert, ist das Feuer, sind die Flammen“. Übung für den Gast in einem niedergebrannten Waldgebiet. Ringsum schwarze Asche und verkohlte Baumstämme. Die Anfahrt mit Pickups und Löschfahrzeug fordert den Allradantrieb bis ins Mark. Nach einem guten Kilometer geht es nur noch zu Fuß weiter. „Vor zwei Tagen vorher stand hier alles lichterloh in Flammen“, schildert der Einsatzleiter das Feuer-Szenario. Kaum abgesetzt vom Heli kämpfte das Fünfer-Team die erste Schneise frei, ebnete den Einsatz für die „Bodentruppen“.

Wie mit dem Lineal gezogen verläuft die Waldbrandgrenze durch die hügelige Landschaft. Schnell wird einem klar, was es auf sich hat mit dem „one step in the green, one step in the burned“. Hier verläuft die markante Grenzlinie nicht nur zwischen grünem Wald und verkohlter Verwüstung, im Einsatz kann sie schnell auch zur Borderline zwischen Leben und Tod werden.

Ein portugiesischer Feuerwehrmann an der Borderline: wo verbrannte Erde auf lodernde Flammen trifft

Drei Mann halten mit Hacken und Feuerpatschen an eben jener Borderline das Vordringen der Flammen zurück. Zwei Mann schultern 20-Liter-Kanister durchs Gelände, bestückt mit Handspritzen. „Every second counts“ bis der Helikopter, der sie in dem flammenden Inferno absetzte, mit dem ersten gefüllten Zweitausend-Liter-Wassersack vom Reservoir zur Unterstützung zurück ist. Neun von zehn Bränden werden durch diese Einsätze in den ersten 90 Minuten soweit eingedämmt, dass sie spätestens von der nachfolgenden Bodentruppe unter Kontrolle gebracht werden können.

Wie hart der Job ist, zeigen sie schon gerne mal her und stecken Reporter in ihre Ausrüstung. Wie gesagt, du fokussierst nur das Feuer. Der zweite Mann hinter dir, legt die Hand auf deine Schulter. Er ist dein Auge, deine Sicherheit. Du löschst und du weißt, du kannst dich jederzeit auf ihn verlassen. „Feuer links, Feuer im Busch halbrechts voraus, Baum rechts brennt…“ Nach 90 Minuten ist das Schlimmste unter Kontrolle. Die GNR-Fighter schaffen dies mit einer Erfolgsquote von 95 Prozent. 

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