Aus einer Idee ist Wirklichkeit geworden, aus einem Wettbewerb ein Projekt entstanden. Gemeinsam haben Jäger und Handwerker eine Möglichkeit gefunden, die Rehkitzrettung einfacher zu gestalten – sowohl für die Tiere als auch die Jägerschaft, die diese aufwendige, aber wichtige Aufgabe übernimmt.
Gemeinsam geht’s besser
Im Frühjahr hat Tischlermeisterin Jule Rombey gemeinsam mit Sponsoren, Jägern und Handwerkern einen Wettbewerb ins Leben gerufen. Gesucht hat sie das beste Design für eine Rehkitzbox. Bisher sind häufig instabile Kartons oder schlecht verschließbare Wäschekörbe im Einsatz.
Die Box von Gewinner Niklas Kunze hat Jule nachgebaut und gemeinsam mit ihm optimiert. Unter anderem sollte die Box einfacher und kostengünstiger herzustellen sein. Die finale Zeichnung haben sie dann öffentlich zugänglich gemacht. So kann jeder die Box für die Rehkitzrettung selber nachbauen.
Rehkitzbox kommt gut an
„Das ist total schön, wie viele Leute Interesse hatten. Von der Nordsee bis nach Bayern haben uns Nachrichten erreicht, sowohl von Jägern als auch Handwerkern.“ Genau das war das Ziel des Wettbewerbs: Nicht nur eine sinnvolle Lösung für ein Kistendesign zu finden, sondern auch den Kontakt zwischen beiden Gruppen herzustellen.
Nachdem Jule selbst Boxen hergestellt und an ihre lokale Jägerschaft abgegeben hatte, ließ sie es sich nicht nehmen, mit zur Rehkitzrettung zu fahren. „Es war mir wichtig zu sehen, wie das abläuft. Wir sind um vier Uhr aufgestanden“, sagt sie. Am Anfang war die Aufregung noch groß. Irgendwann überwog aber die Müdigkeit. „Ich habe wahnsinnig Respekt vor unseren Jägern, die das teilweise über Wochen machen.“
Rehkitzrettung in Feld und Wiese
„Am ersten Tag dachten wir zunächst, wir finden gar kein Kitz, aber dann war doch eins am Rand“, berichtet Jule. Das kleine Tier durfte sie selbst in die Box legen, unter Anleitung von Jäger Max Schürz. „Er hat mir mit viel Ruhe erklärt, wie ich das Rehkitz anfassen darf, worauf ich achten muss.“ Obwohl das Kitz fragil aussah, musste Jule beherzt zugreifen, damit es nicht davonspringt. Ab 10 Uhr hat die Sonne die Felder dann zu sehr aufgeheizt, sodass die Wärmebildkamera der Drohne keine Lebewesen mehr ausmachen konnte.
„Wir haben auch andere Tiere vor der Ernte vom Feld retten können“, sagt die Tischlerin. Sie konnte gemeinsam mit den Jägern ein Entengelege bergen und Hasen aufscheuchen, die sonst womöglich der Erntemaschine zum Opfer gefallen wären.
Praktischer Einsatz bringt neue Ideen
Selbst nach gemeinsamer Auswahl und Optimierung hat Jule im Einsatz der Boxen weitere Potenziale entdeckt. „Unterwegs ist mir aufgefallen, dass Griffe an der langen Seite auch praktisch wären.“ Viel erkenne man erst, wenn man selbst rausgeht und sich das Einsatzgebiet der Rehkitzrettung genau anschaut.
Der Einblick in die Aufgaben der Jäger hat Jule beeindruckt. „Ich habe festgestellt, was das für eine harte, aber auch emotionale Arbeit ist.“ Die Jägerschaft sei dankbar gewesen, dass an sie und ihre Aufgabe gedacht wird. Oft sähen sie sich mit dem Vorwurf konfrontiert, die Jungtiere nur zu retten, um sie später abzuschießen. „Die Jäger wollen das Leid verhindern, wenn ein Kitz oder ein anderes Tier in eine Erntemaschine gerät. Sie haben sich wirklich über jedes Lebewesen gefreut, das sie gefunden und rausgeholt haben.“
Aufeinander kann man sich verlassen
Jules Projekt zeigt, dass Hand in Hand mehr bewegt werden kann. Gemeinsam mit ihrer Auszubildenden hat sie an einem Tag mehrere Kitzboxen gebaut und damit die Jägerschaft in ihrem Heimatlandkreis Heinsberg unterstützt. „Die Boxen bieten einen enormen Vorteil im Vergleich zu den üblichen Kartons, da sie deutlich stabiler sind. Wir müssen uns während der Kitzrettung auf unser Material verlassen können. Und das können wir mit den Boxen zu 100 Prozent“, sagt Max Schürz.
Die Jäger haben im Gegenzug eine Spendenaktion für die Kinderchancentafel gestartet. Diese unterstützt Kinder, die in Armut aufwachsen, mit warmen Mahlzeiten, sozialen Aktionen und Hausaufgabenbetreuung. „Mit gegenseitiger Unterstützung kann man einiges tun, um es anderen leichter zu machen“, schließt Jule Rombey. Und die Erfahrung, ein kleines Kitzleben mit handwerklichem Geschick und Interesse retten zu können, wird sie so schnell nicht mehr vergessen.
Die besten Designs
Die drei besten Pläne für die Rehkitzboxen aus dem Wettbewerb sind auf BMonline verfügbar und können mit handwerklichem Geschick einfach selber nachgebaut oder in Auftrag gegeben werden. So kann jeder einen Beitrag zur Rehkitzrettung leisten.