Patrick Richter schwebt in der Luft, hinter ihm eine Feuerwand
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Autor: Hanno Meier
Fotos: Hanno Meier

Zwischen Babelsberg und Babylon Berlin

Action im Vulkan: Stuntman Patrick Richter

Heute Stuntshow vor Publikum, morgen Außentermin am Filmset der Serie BABYLON BERLIN oder von RETRIBUTION mit Liam Neeson. Ein Auto explodiert, Passanten fliegen durch die Luft. Patrick Richter ist einer von ihnen, ist dabei, wenn es auf der Leinwand und vor Publikum heiß hergeht. Er steht als Koch und als Soldat vor der Kamera für die nächste Staffel der Berliner Kultserie aus den 1920er Jahren, mimt Stunts für die Sky-Serie YOU, für TATORT und MATRIX 4. Seine Homebase aber ist ein „Vulkan“ – und der steht in Babelsberg.

Eine heftige Druckwelle grollt donnernd bis in die Zuschauerränge durch den „Vulkan“. Wie ein Tsunami über felsige Küstenstreifen. Der ersten Explosion folgt eine zweite, eskortiert von einem mächtigen Feuerblitz, der den abgestürzten Helikoptertorso in grelles Licht und schwarze Rauchschwaden hüllt. Unter den Rotoren springt mit dumpfem Knall die Luke des Kampfhubschraubers aus der Verankerung. Eine Gestalt wie IMF Agent Ethan Hunt, alias Tom Cruise in MISSION IMPOSSIBLE, tritt aus dem Inferno: Patrick Richter in voller Kampfmontur vom grünen Stirnband bis zum schwarzen Einsatzstiefel. Ein Klon bis hin zum Body-Mass-Index in einer Szenerie wie aus dem actiongeladenen Hollywood-Streifen. 

Patrick Richter seilt sich über dem Stunt-Park ab

Der Vulkan, jene Amphitheater-ähnliche Spielstätte im Filmpark Babelsberg ist Patrick Richters Bühne, sein berufliches Zuhause. Er mimt den Guten im Kampf gegen die Bösen. Eigentlich das immer gleiche Schema. Doch immer wieder gut anzusehen, vor allem, wenn vor infernalischer Kulisse und gut gemacht, wie hier. SGT. E. ICECUBE SCHNAKENBERG steht am Einstieg der Piloten-Kanzel. Der Helikopter ist das Original aus MISSION IMPOSSIBLE 3. Um das prominente russische Wrack gesellt sich eine kamerataugliche Szenerie aus aufgelassenem Bergwerksstollen, Route 66 Tankstelle und texanischem Ölbohrturm. Die Show ist laut, ist fetzig und bietet alles, was nicht nur die zahlreichen Kinderherzen im Publikum schneller schlagen lässt: Entführung und Befreiung, dazwischen Autojagd mit Drifts und qualmenden Reifen, Motorradsprünge über Fahrzeuge und Köpfe hinweg, Ein Stunt-Sprung vom 15-Meter-Bohrturm, Drahtseilaction, wilde Kampszenen und laute Explosionen.

Seit 1993 sind die Stuntshows das tägliche Highlight im Filmpark Babelsberg. Seit 2014 ist Patrick Richter fester Bestandteil. „Wenn ich nicht Show spiele, drehe ich am Set. Wenn ich nicht drehe, spiele ich Show“, sagt er. „Homebase“, nennt er Babelsberg. Hier, wo nebenan schon Filme wie Monument Men mit Georg Clooney, Das Bourne Ultimatum mit Matt Damon oder Inglourious Basterds mit Bratt Pitt gedreht wurden, keine 10 Autominuten zum Wannsee entfernt, zählt er im angegliederten Filmpark zur A-Besetzung im sechzehnköpfigen Stuntteam. 

Hollywood liebt Berlin

Und Patrick Richter liebäugelt mit Hollywood. Schon mit zehn war Stuntman der Traumberuf des 31-jährigen. Der Nachbar seiner Eltern ließ ihn als Profi in das actiongeladene Geschäft reinschnuppern. Mit 13 begann er Kampfsport und Parcours, schob dann doch erst mal brav eine Ausbildung zum Gas- und Wasser-Installateur dazwischen. „Die nächsten 40 Jahre wollte ich das nicht machen“, schüttelt er mit freundlicher Berliner Schnauze den Kopf. Mit 20 hängte er das Handwerk für eine dreijährige Schauspiel- und Stuntausbildung an den Nagel. Das erste Engagement folgte 2011 im Piraten Open Air von Grevesmühle an der Ostsee. „Mit Martin Semmelrogge“, erwähnt er nicht ohne Stolz. 2014 schlug er erstmals in Babelsberg auf.

Bodystunts, Kampf und Highfalls vom 20 Meter hohen Turm. „Hier kannst du alles machen“, sagt er, „kannst dich abseilen, kannst die hohen Sprünge, Motorrad- und Autostunts trainieren und so auch ständig deine eigenen Skills erweitern – und du lernst in der Liveshow den verantwortungsbewussten Umgang mit dem Aspekt der Sicherheit.“

Szene aus dem Stunt-Park: ein Flugzeug fängt Feuer

2015 drehte er einen Monat lang für einen Bollywood-Film in Indien, erinnert er sich an ein sehr „spezielles Erlebnis“ mit einem Kameramann, der barfüßig und ungesichert die Kamera von einem wackeligen, 13 Meter hohen Gerüst auf eine Szene hielt. „Da ist dir nicht mehr ganz klar, wer hier der Stunt ist“, schüttelt der Berliner Actionspezialisten den Kopf. Stuntman sind keine Harakiris. Konsequente Sicherheit ist in diesem Beruf wichtig für Gesundheit und Überleben. Weshalb der Ausrüstung von Kopf und vor allem bis zum Fuß ein großes Augenmerk gilt.  

Es hat geregnet, die Plattformen sind nass an diesem Tag in Babelsberg, „da ist alles etwas gedämpfter, weil rutschig“, sagt Richter. „Da kommt in unserem Job guten Schuhen eine besonders wichtige Rolle zu.“ Einmal an der falschen Stelle wegrutschen, das könnte zum echten Problem werden. Ist ihm zum Glück noch nie passiert. Das berufliche Credo des Stuntmans: Fit sein, gesund bleiben und nie den Aspekt der Sicherheit aus den Augen verlieren – „dann hast du in dem Job eine Menge Spaß.“

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