kenianische Schulkinder freuen sich über sauberes Trinkwasser
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Autor: Inge Fuchs
Fotos: Clemens Kiefhaber, Sarah Rohrer

Wo das Leben fließt

Zwei Nationen, eine Mission: HydroSolution baut Filter für sauberes Wasser in Kenia. Der letzte Besuch aus Deutschland ist vier Jahre her. Nun müssen 41 neue Filter in zwei Wochen gewartet werden. Ob das Team es schaffen wird?

Ein Kind kniet am Boden und schöpft mit einem Kanister Wasser aus einem Fluss. Trübes Wasser, voller Keime und Krankheitserreger. Damit seinen Durst zu stillen bedeutet, krank zu werden. Krankheiten, die in Deutschland so gut wie ausgestorben sind, sorgen in Kenia dafür, dass Kinder nicht zur Schule gehen können, im schlimmsten Fall sogar sterben. Doch es gibt Hoffnung, und die heißt HydroSolution.

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Eine gemeinsame Lösung

Gute zehn Stunden Flugzeit von Kenia entfernt lebt Nina Dötterl. Was sie mit dem afrikanischen Land verbindet? Ein Filter, der für sauberes Wasser sorgt. Die 30-Jährige ist Vorständin des vor sieben Jahren gegründeten Vereins HydroSolution. „Ich habe nie damit gerechnet, dass es so große Wellen schlagen wird“, erzählt sie und strahlt. Denn durch die Arbeit von HydroSolution haben fast 26.500 Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Als studentisches Projekt gestartet, arbeiten heute zwölf Frauen und Männer aus Deutschland ehrenamtlich mit sieben kenianischen Mitgliedern zusammen. Ihre gemeinsame Vision ist es, dieses Projekt langfristig aufrecht zu erhalten. „Das geht nur mit Menschen, die mit vollem Herzen dabei sind“, erklärt Nina. Deshalb ging es dieses Jahr zum großen Wiedersehen nach Kenia. Als das deutsche Team vor vier Jahren abreiste, standen gerade mal drei Großfilteranlagen. Mittlerweile sind es 44. Von der Pandemie hat sich das kenianische Team nicht aufhalten lassen. In kompletter Eigenregie haben sie 41 neue Filteranlagen an Schulen in der Region aufgestellt.

Einer von ihnen ist Edgar Parmuat. Er fühlt sich geehrt, ein Teil von HydroSolution zu sein. Vor dieser Zeit war er als Fahrer tätig – ein begehrter Job in afrikanischen Ländern, denn nur die wenigsten können sich ein eigenes Auto leisten. Die Nachfrage nach Fahrdiensten ist also groß, das Einkommen gesichert. Als er das deutsche Team beim ersten Besuch von Schule zu Schule fuhr, packte ihn die Leidenschaft. „Ich wollte auch zu denen gehören, die meinen Brüdern und Schwestern sauberes Wasser geben”, erklärt er. Mittlerweile ist Edgar der Team-Manager. Ein Job, der sein Leben verändert hat. „Mit dem Einkommen kann ich meine Familie gut versorgen. Das Leiten der Gruppe zeigt mir, dass ich Führungsqualitäten habe“, berichtet er stolz.

Edgar und Nina beim notieren von Ergebnissen
Alle bauen an den Filtern mit
ein neuer Filter entsteht
Ein Arbeiter greift einen Stein
Ein Arbeiter schaufelt Sand
Edgar und Nina beim notieren von Ergebnissen

Wiedersehen mit gemischten Gefühlen

Im März 2023 landete Nina dann mit sieben weiteren Teammitgliedern in Nairobi. „Ich war nervös“, erzählt sie. „Ich hatte die Befürchtung, dass vieles offen ist und sich über die Jahre einige Probleme entwickelt haben.“ Viele Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Dazu kam der straffe Zeitplan: Zwei Wochen Zeit für die Prüfung der Filter, sowie Entnahme und Auswertung der Wasserproben.

Dazu muss man wissen, dass die Schulen teilweise mehrere Fahrtstunden auseinander liegen. „Wir haben uns in Teams aufgeteilt, die Schulen in drei Zonen eingeteilt, Fahrer organisiert“, erklärt Nina. Alles war geplant, bis auf eine Sache: die starken Regenfälle, die Wege und Straßen komplett fortschwemmten. „Da standen wir dann plötzlich vor reißenden Flüssen und kamen nicht mehr weiter.“ Zum Glück wüssten sich Kenianerinnen und Kenianer in solchen Situationen zu helfen, seien mutig und fänden meist eine kreative Lösung, wie Nina weiß. So steigen drei Leute eben aus dem Auto aus und setzen sich gemeinsam auf ein Motorrad. Wege, die nicht mehr befahrbar sind, legt man per Fuß zurück und schiebt das Moped nebenher.

Warum sauberes Wasser wichtig ist

Laut UN-Wasserbericht 2020 haben weltweit 2,2 Milliarden Menschen keinen gesicherten Zugang zu sauberem Trinkwasser. Afrika ist am stärksten von diesem Umstand betroffen. In der Region Kajiado County, Kenia, beziehen 266.000 Menschen ihr Trinkwasser aus Oberflächengewässern, die meist massiv bakteriell belastet sind. Dies verursacht schlimme Erkrankungen wie Typhus, Ruhr oder Cholera. Jährlich sterben weltweit durchschnittlich 502.000 Menschen an verschmutztem Trinkwasser, darunter vor allem Kinder.

Die Arbeit von HydroSolution

HydroSolution e. V. startete 2016 als studentisches Projekt und wurde 2017 zum eingetragenen Verein. Seitdem entstanden in Zusammenarbeit mit dem einheimischen Team 281 Haushaltsfilter und mittlerweile 44 Großfilteranlagen an Schulen. Diese werden ausschließlich mit lokalen Ressourcen handwerklich und ohne den Einsatz von Chemikalien hergestellt. Ein Haushaltsfilter kostet umgerechnet zirka 40 Euro, ein Großfilter in etwa 2.000 Euro und hält mindestens für zehn Jahre. Knapp 26.500 Menschen haben durch die Arbeit von HydroSolution e. V. derzeit Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Schule ist nicht gleich Schule

Ist die Anreise dann endlich geschafft, erwartet die Teams mit jeder Schule ein anderes Szenario. Manche seien wie dunkle, bedrückende Holzhütten, andere schön angelegt und finanziell gut aufgestellt. „Da fragt man sich: Brauchen die überhaupt einen Filter?“, erzählt Nina. Die Antwort lautet ja, denn das Wasser stammt aus der selben Quelle.

Was die Schulen außerdem eint: Es gibt immer einen sogenannten „Filter Commissioner“. Eine Person, die die Filter regelmäßig wartet, reinigt und den Kindern beibringt, wie wichtig sauberes Wasser und der korrekte Umgang damit ist. Das HydroSolution Team spricht mit den zuständigen Lehrinnen und Lehrern, mit den Rektorinnen und Rektoren. Haben die Filter einen positiven Effekt auf die Gesundheit der Kinder? Ein Blick ins Absenzenheft lässt aufatmen. Die Kinder sind viel weniger krank, eine Schule verzeichnet sogar einen Rückgang von 80 Prozent der sogenannten „waterborne diseases“. Nina und Edgar sind glücklich. „Die Kinder können am Unterricht teilnehmen und die Eltern brauchen kein Geld für Medikamente zusammenzukratzen“, stimmen sie überein.

Kinder in einer kenianischen Schule
Ein kenianische Schule von Außen
Die Utensilien zur Wasserprobeentnahme
Das Team steht um einen Filter und entnimmt Wasser
Entnahme der Wasserproben
Notieren der Wasserproben
Kinder in einer kenianischen Schule

Sauberes Wasser für die Zukunft

Die weiten Wege, die langen Tage, die vielen Tests – sie haben sich gelohnt. Die Ergebnisse der Wasserproben haben bestätigt, dass die Filter funktionieren und das Wasser sauber ist. „Wir haben unsere kenianischen Kollegen geschult und ihnen Testmaterial dagelassen. Sie können das also in Zukunft auch selbst durchführen“, erklärt Nina. Sie sei stolz, welche Experten die Kenianer mittlerweile geworden sind. Das Team vor Ort identifiziere sich zu 100 Prozent mit der Aufgabe.

Wie es weitergehen soll? „Genau so“, sagt Nina und lächelt. Edgar wünscht sich, dass die durch Wasser übertragenden Krankheiten eines Tages verschwunden sein werden. „Und dass alle das saubere Wasser aus unseren Filtern trinken können.“ Eine große Aufgabe, aber mit jedem Filter und jedem Tropfen sauberem Wasser kommt diese Vision ein Stück näher.

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