Senior-Schmied Josef Kindermann am Feuer
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Autor: Hanno Meier
Fotos: Hanno Meier

Aus einem Guss

Eine „Waidlapfanne“ zeugt von der hohen Kunst des Pfannenschmiedens

Der Eisenriegel, der in der Esse glüht, ist nicht größer als eine Tafel Blockschokolade. „Robustes Industrieeisen“, nennt es Stefan Kindermann. Bevor daraus eine von Hand geschmiedete Bratpfanne wird, muss das Metall von dem jungen Schmied erst einmal auf „Betriebstemperatur“ gebracht werden: Bei mindestens 1.000 Grad beginnt die Hammerarbeit.

Waldkirchen im Bayerischen Wald. „Waidla“ nennen sich die Bewohner hier in Anlehnung an das urige Mittelgebirge und die tiefen Wälder. Eine kleine, verträumte Stadt mit bodenständigem Handwerk und uralter Tradition. Die Grenzen zum österreichischen Mühlviertel und nach Tschechien sind nur einen Katzensprung entfernt. In den Jahrhunderten war der Ort wichtige Station für die mit Salz beladenen Maultierkarawanen an einem der bedeutendsten Handelswege von Bayern nach Böhmen. Noch heute feiern die Bewohner jährlich ihre berühmten „Salzsäumer-Festspiele“ und ziehen mit Esel und Mulis den alten Routen folgend durch den Ort. Die Stadt ist auch bekannt für das „Garhammer“, jenes exquisite Modekaufhaus, das zum Shopping kaufkräftige Kunden aus der bayerischen Landeshauptstadt anlockt. Nicht zuletzt, weil in der obersten Etage mit weitblickender Terrasse seit Jahren auf Michelin-Sterne-Niveau gekocht wird. Von der Kunst der Schmiede, die unten im Tal ein handwerkliches Küchenmeisterstück für Generationen aus dem Eisen hämmern, wissen allerdings nur die wenigsten Gäste im Sternelokal.

Die schwere Holztür in die Schmiede öffnet sich wie das Tor zu einer anderen Welt. Funken sprühen durch die Luft, als ob die Gischt sich in der Brandung am Fels entlädt. Der schwere Hammer donnert in rhythmischer Konstanz auf das glühende Metall, plättet den Riegel glatt wie ein Küchenbrett. Wattestöpsel schützen die Gehörgänge, Lederhandschuhe Hände und Finger, die Sicherheitsschuhe Füße vor Funkenschlag und fallendem Eisen.

Schmiede seit 1686

„Aller Anfang beginnt mit dem Stiel“, den Senior-Schmied Josef Kindermann aus dem schmalen Roheisen zieht. Das Schmieden einer Waidlapfanne verlangt viel Erfahrung, woran es an dieser Esse garantiert nicht mangelt. Seit Jahrhunderten schürt hier am Fuß der Bergstadt Generation um Generation das Feuer und bearbeitet mit Hammer und Amboss das Metall. 1686 taucht die Schmiede erstmals in Urkunden auf. Für den Laien scheint sich auf den ersten Blick bis heute kaum etwas verändert zu haben.

Die Hämmer werden von Pressluftmotoren angetrieben und nicht mehr von Wasserkraft wie einst. Aber sonst? Ausstanzen, Anschweißen oder gar Zusammenschrauben wie in der maschinellen Produktion – „das geht gar nicht!“, sagt Sohn Stefan, der erste Schmied in der Ahnenfolge mit einem Bachelor in Maschinenbau. Jedes Stück aus dieser Werkstatt ist ein Unikat, aus einem Stück Eisen geformt und mit den Initialen der Familie geadelt.

Der Weg zurück von der Technischen Hochschule in das traditionsreiche Familienhandwerk im Bayerischen Wald fiel Stefan Kindermann nicht schwer. „Hier bin ich mein eigener Chef“, weiß er, und die Bestelleingänge für die handgeschmiedeten Pfannen, mit denen sein Vater vor 25 Jahren begann, lassen den Computer beinahe so glühen, wie das Eisen in der Esse.

Faszinierende Präzision

Stefan lässt das Eisen nochmals glutrot leuchten, bevor er die runde Bodenplatte mit faszinierender Präzision aus dem breiten Teil des Riegels hämmert. Ihre finale Pfannenform mit dem hochgezogenen Rand erhält sie anschließend unter einer mächtigen Presse. Zum Schluss kommen Feinschliff und Kontrolle und schon ist das Küchengerät fertig – „aber nur fast“, hämmert sich der Seniorchef in sein Handwerk zurück.

„Erst wenn sie sauber eingebraten ist“, wird sie zu dem, was sie ausmacht: Ein handgeschmiedetes Meisterwerk, in dem Fleisch, Fisch oder Gemüse „einfach anders schmecken“. Ehrlicher, krosser, authentischer. Die gleichmäßige Hitzeverteilung bringt die Kochkunst auf den Punkt.

Kochgerät für Generationen

„Bis sich die natürliche Patina gebildet hat, braucht sie noch etwas mehr Öl als herkömmliche Pfannen, dafür aber auch später deutlich weniger Hitze“, klärt der Seniorchef auf, während er gutes Olivenöl in sein Werk gießt, bis der Boden bedeckt ist. Er schneidet eine rohe Kartoffel in Scheiben, erhitzt langsam das Öl, verteilt die Kartoffel und einen Esslöffel Salz im Pfannenrohling und lässt schließlich alles bei mittlerer Hitze goldbraun braten. „So wird das gemacht“, sagt er, dreht das sauber geformte Stück Eisen nochmal prüfend im Gegenlicht und stellt die Waidlapfanne schließlich ab in der Gewissheit: „Bei guter Pflege ist sie ein Kochgerät, von dem noch die Enkel etwas haben.“

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