Ein Mädchen beim Händewaschen
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Autor: Jasmin Auer
Fotos: Clemens Kiefhaber

Die Trinkwasser­helden

Für viele Menschen ist sauberes Trinkwasser eine Selbstverständlichkeit. Einen eigenen Anschluss zu besitzen, ist in Kenia jedoch eher die Ausnahme. Mit Hydro Solution wirkt ein Team aus Studierenden dem Problem entgegen.

Armut, Hungersnot und Krankheit: Erst vor Ort wurde den jungen Studierenden bewusst, wie miserabel die Lage der Menschen in Kenia tatsächlich ist. „Hier muss etwas getan werden!” Also sagten 15 Studierende der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg der Wassernot in besonders abgelegenen Gebieten Kenias den Kampf an. Das begann 2016 zunächst als Teil der internationalen gemeinnützigen Organisation Enactus e.V. Mittlerweile ist Hydro Solution ein eigenständiger Verein, gestartet mit der Vision einen Wasserfilter zu entwickeln, der möglichst kostengünstig ist und aus einfachsten Materialien von den Einheimischen selbst hergestellt werden kann.  

Projektleiter Maximilian Dötterl setzte sich intensiv mit verschiedenen Filtrationstechniken auseinander. Der Maschinenbaustudent machte das Thema zu seiner Bachelorarbeit und fand aus den Bereichen Chemie, Sensorik und Analytik sowie Regenerative Energie weitere Unterstützung für das studentische Projekt. Schon nach wenigen Monaten war ein optimal auf die Rahmenbedingungen der Region zugeschnittener Filter fertig. Studierende aus BWL, Jura, sozialer Arbeit sowie Kultur- und Medienwissenschaft steuern Werbemaßnahmen, Homepage und Sponsoringaktivitäten bei. 

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„Bei Wasserfiltern gilt das altbekannte Prinzip: Weniger ist mehr“, sagt Dötterl. Der wichtigste Bestandteil ist Bruchsand, der speziell aufbereitet werden muss, aber nahezu weltweit verfügbar ist. Das Filtergehäuse besteht aus Beton. Das schmutzige Wasser wird eingefüllt und sickert langsam durch die feinkörnige Sandschicht. Nach wenigen Wochen hat sich in den oberen Zentimetern des Sandes ein Biofilm gebildet, der die Hauptfiltration übernimmt. Da der Sand keinerlei Nährstoffe bietet, beginnen die im Wasser befindlichen Keime im Biofilm sich gegenseitig zu fressen und entfernen wiederum andere Keime aus dem nachgeschütteten Schmutzwasser. Was dennoch durchsickert stirbt spätestens im nährstofflosen Sand ab. Das gereinigte Wasser wird in einem „Safe-Waterstorage-Container“ aufgefangen. Ein Verfahren, mit dem bis zu fünfzig Liter Wasser von 99 Prozent der Krankmachender gereinigt werden. Durch seine robuste Bauart hat der Filter eine Lebensdauer von mindestens zehn Jahren, bei Herstellungskosten von gerade mal 28 Euro. Das saubere Wasser reicht für die tägliche Trinkwasserration einer Großfamilie oder Schulklasse.  

Ein wichtiger Punkt bei der ganzen Sache war für das Hydro Solution Team von Anfang an, dass die Filter vor Ort gewartet und selbst gebaut werden können. Die Materialien sind alle in Afrika verfügbar und auch der Bau kann nach einer Schulung von den Kenianern selbst übernommen werden. Mittlerweile haben dank Hydro Solution mehrere Menschen einen Arbeitsplatz. Diese verdienen mit sechs Euro pro Filter ein überdurchschnittliches Gehalt, womit sie ihre Familien ernähren können. 

Ein Kind schöpft mit einem Kanister verschmutztes Wasser aus einem Tümpel

Bereits bei ihrem ersten Besuch in Kenia im Frühjahr 2017 lernte das Team den orthodoxen Priester Pater Tito kennen, der sich in seinem Land schon lange humanitär engagiert. Mit zwei Partnerorganisationen vor Ort und der Unterstützung vieler einheimischer Helfer konnten allein durch das Pilotprojekt schon zwei Schulen und ein Waisenhaus mit insgesamt zwölf Filtern ausgestattet werden. Mittlerweile fließt in 18 Schulen sauberes Trinkwasser. 

Schlafen mitten in der Wüste, unter freiem Himmel, Skorpione und 14 Stunden Arbeit täglich – für die Studierenden war der Aufenthalt in Kenia ein Kulturschock. Doch nichts konnte ihren Mut stoppen. Im September 2017 machten sich erneut zwei Teams auf den Weg nach Kenia und Burkina Faso; Auch hier die gleichen Probleme. Doch bereits beim ersten Aufenthalt in Burkina Faso konnte das Team drei Einheimische ausbilden und sieben Wasserfilter bauen. In Kenia dann sogar ein noch größerer Erfolg: Zusammen mit den kenianischen Partnern wurde mit viel Schweiß und Handarbeit eine Produktionsstätte errichtet. 

Mittlerweile profitieren bereits 14.000 Menschen von sauberem Trinkwasser. Zusätzlich konnten sechs Kenianer die Technik des Filterbaus erlernen. Gerade dadurch gelingt dem Projekt ein dauerhafter Nutzen für die Menschen in den entlegensten Gebieten Afrikas und schafft eine wichtige Grundlage für die Verbesserung der Lebensbedingungen – und das alles durch ein Element, welches für uns als das Selbstverständlichste überhaupt erscheint: sauberes Trinkwasser.

Die Trinkwasserversorgung in Kenia

Kenia ist ein afrikanischer Staat, der vor allem in ländlichen Gebieten geplagt ist von Krankheiten und Hungersnot. Immer wieder sorgen Dürreperioden und schlechte medizinische Versorgung für unmenschliche Bedingungen, machen das Land unwirtlich und erschweren das Leben der Menschen. Eines der größten Probleme ist die Verschmutzung des Trinkwassers. Was für uns selbstverständlich ist, ist für viele Menschen, besonders für Massaistämme, in Kenia eine Seltenheit: ein eigener Trinkwasseranschluss. Die Mädchen, die für die Wasserversorgung der Massaifamilien zuständig sind, sind gezwungen, weite Wege zu einer Wasserstelle auf sich zu nehmen. Häufig handelt es sich dabei um kleine Rinnsale, die von Tierfäkalien und Kadavern verschmutzt sind. Den Menschen bleibt aufgrund großer Armut oft nichts anderes übrig, als das massiv bakteriell belastete Wasser zu trinken. Am meisten leiden die Kleinsten unter ihnen: Kinder erkranken durch das verunreinigte Wasser häufig an Cholera, Typhus oder Diarrhö. Über 80 Prozent der Erkrankungen in Kenia sind direkt auf unhygienische Wasserversorgung zurückzuführen.

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